Bombendrohung auf Kirschfest

Nach SMS-Anruf Wiese geräumt

Naumburg - Quelle: http://www.naumburger-tageblatt.de/27857748 ©2017

„Nun neigt sich der dritte Kirschfesttag dem Ende entgegen. Wir wünschen allen Besuchern einen guten und unfallfreien Heimweg, wir sehen uns am Abend wieder auf der Vogelwiese.“ Am Sonntag gegen 2 Uhr setzte die Freiwillige Feuerwehr Naumburg auf ihrer Facebook-Seite eine Nachricht ab, die aufatmen ließ. Auf der Vogelwiese, der Festwiese des Naumburger Hussiten-Kirschfests, war die Nacht zum Sonntag friedlich und weitgehend problemlos verlaufen. Tausende Besucher hatten in den 15 Zelten sowie im Innenraum der Wiese gefeiert. Befürchtungen, ein Szenario wie in der Nacht zum Sonnabend könne sich wiederholen, bestätigten sich damit nicht. Besucher, Veranstalter und Zeltbetreiber reagierten erleichtert.

Von Zelle am Kramerplatz
Am Freitag um 21.15 Uhr war bei der Polizei telefonisch eine anonyme Meldung eingegangen, wonach um 23 Uhr auf der Vogelwiese „eine Bombe hochgehen“ werde, wie ein Sprecher der Polizeidirektion Sachsen-Anhalt Süd sagte. Damit verblieb den Beamten, der Stadt Naumburg als Veranstalter des Fests und den Mitarbeitern des auf der Wiese eingesetzten Sicherheitsdienstes City Schutz GmbH eine Frist von lediglich 105 Minuten, um eine Entscheidung zu treffen. Sie reagierten sofort, überprüften nach Aussage von Oberbürgermeister Bernward Küper (CDU) eine Naumburgerin, „die in der Stadtverwaltung bereits bekannt ist, da sie früher schon mehrfach ähnliche Anrufe getätigt hat“. Offenbar verweigerte die Frau jedoch jegliche Aussage. Da die Nachricht per SMS als Textnachricht von der Telefonzelle am Kramerplatz verschickt worden war, ließ sie sich auch stimmlich nicht zuordnen. Das Senden ist relativ einfach: Nach Drücken der SMS-Taste wird mittels der Tastatur die Nachricht formuliert und mit dem Signal Senden abgeschickt.


Aufgrund der Tatsache, dass die Nachricht damit nicht eindeutig zu bewerten war, blieb keine andere Entscheidung, als die Wiese zu evakuieren. „Die Sicherheit hat oberste Priorität“, sagte Küper, der ebenso wie OB-Vize Armin Müller, Feuerwehr-Chef Christian Schirner und Bauhof-Leiter Andreas Dorn vor Ort war. Gemeinsam mit Polizei, Sicherheitsdienst und Rettungskräften fand in der Leitstelle im Schützenhaus eine Sicherheitsbesprechung statt, in der die Räumung der Wiese festgelegt wurde.

Auf dem Festgelände hielten sich nach Angaben der Stadtverwaltung zu dieser Zeit etwa 10000 Menschen auf. Die Räumung wurde 22.20 Uhr mittels Sirenensignal eingeleitet. Es folgten Lautsprecherdurchsagen der Stadtverwaltung. Sie forderten zum Verlassen der Wiese auf, nannten aber weder den Grund Bombendrohung noch den in der SMS genannten Zeitpunkt. Damit sollte eine Panik vermieden werden. Auch die Feuerwehr reagierte umgehend, setzte eine Facebook-Nachricht ab und forderte zum Teilen auf (siehe Beitrag „Nachricht verschickt“).

Nach einer zweiten Sicherheitsbesprechung dürfen die Zeltbetreiber wieder auf die Vogelwiese. Sie schließen die Zelte und nehmen persönliche Sachen mit.
Die Evakuierung sei „professionell, ruhig und ohne Zwischenfall abgelaufen“, sagte Küper am Sonnabend. Er lobte die Polizei, die weiteren Sicherheitsbehörden, den Sicherheitsdienst, die Zeltbetreiber und besonders die Festbesucher, die „alle zügig und ohne Hektik agiert“ hätten. „Das städtische Sicherheitskonzept ist aufgegangen, darüber bin ich froh. Wir waren auch auf solch einen Fall vorbereitet und hatten vor Ort eine sehr gute Kommunikation“, so Küper. 22.45 Uhr war die Wiese geräumt, allerdings versammelten sich viele Festbesucher noch in der Luisenstraße, auf dem Jakobsring und am Theaterplatz. Schließlich wurde auch die Luisenstraße geräumt. Auf dem Jakobsring ließen etliche angetrunkene Besucher Biergläser fallen, viele drehten Videos und verschickten Nachrichten, zu Pöbeleien kam es jedoch nicht.

Gespenstisches Bild:
Um 22.45 Uhr ist die Vogelwiese komplett geräumt. Die Bombendrohung war für 23 Uhr angekündigt. Sie bewahrheitet sich nicht.
Überaus erleichtert reagierten die Veranstalter und Organisatoren, als die im Anruf angekündigte Frist ohne Reaktion verstrich. Landrat Götz Ulrich (CDU), der ebenfalls vor Ort war, sagte: „Der Burgenlandkreis hatte Teile der Kreisfeuerwehrbereitschaft und Rettungszüge von DRK, Johanniter-Unfallhilfe und DLRG auf dem Gelände des Landratsamtes zusammengezogen, um auf einen möglichen Schadensfall vorbereitet zu sein. Ich bin froh, dass dieser nicht eintrat. Mein Dank gilt allen ehrenamtlichen Helfern, die aus allen Teilen des Burgenlandkreises in kurzer Zeit eingetroffen waren.“

Spürhund im Einsatz
Nach einer weiteren Sicherheitsbesprechung um 23.30 konnten die Zeltbetreiber die Wiese wieder betreten, für Besucher blieb sie geschlossen. Die Polizei suchte das Festgelände ab, fand jedoch keinen verdächtigen Gegenstand. Am Sonnabendmorgen folgte eine weitere Suche mit einem Spürhund, der ebenfalls nichts Verdächtiges bemerkte. Das Fest konnte deshalb - wie im Programm vorgesehen - am Sonnabend fortgesetzt werden.

Die Polizei hat inzwischen Ermittlungen wegen der Androhung einer Straftat aufgenommen, wie ein Sprecher der Direktion Sachsen-Anhalt Süd bestätigte. So wurde die Telefonzelle am Kramerplatz noch in der Nacht zum Sonnabend von Kriminaltechnikern untersucht. Das Androhen einer Straftat kann mit einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren geahndet werden. Noch in der Nacht untersuchen Kriminaltechniker die Telefonzelle.
In den sozialen Netzwerken wurde die Entscheidung zur Evakuierung zumeist positiv bewertet. „An alle ein Dank, gute Leistung gestern Abend“, schrieb Yvonne Stottmann auf der Facebook-Seite der Feuerwehr. Und Heiko Neukirch: „Schön, dass es solche wie euch gibt, danke.“

Verlust für Zeltbetreiber
Andere Festbesucher indes, vor allem von außerhalb angereiste, zeigten zwar Verständnis für die Entscheidung, äußerten sich jedoch enttäuscht. So hatten etliche erst gegen 21 Uhr die Wiese betreten und dafür jeweils Tagesbändchen für sechs Euro gekauft. Sie feierten zunächst am Theaterplatz weiter, später auch in der Stadt. Unerwarteten Zulauf erhielt damit das Weindörfchen auf dem Holzmarkt.

Das Nachsehen allerdings haben vor allem die Zeltbetreiber. Nach dem verhaltenen Umsatz aufgrund des Gewitters in der Nacht zum Freitag fehlt ihnen nun außerdem der Umsatz von mehren Stunden der Hauptbesuchszeit. CDU-Stadtrat Jupp Klieber, der am Sonnabendvormittag auf der Wiese war, regte deshalb an, die Zeltbetreiber finanziell zu entschädigen. „Die Stadt muss eine Art Solidaritätsfonds einrichten“, forderte er. Klieber kündigte an, das Thema in die nächsten Ratssitzung bringen zu wollen.

>>> Zum Artikel im Naumburger Tageblatt

 

© Annett Einicke E-Mail

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